Sengende Hitze hat in den dreißiger Jahren die fruchtbaren Böden Oklahomas ausgetrocknet. Der verdorrte Weizen auf den endlosen Feldern bietet keinen Schutz vor den Stürmen, die über das Land hinwegfegen, und die Erde einfach wegtragen. Die Sandstürme, Folge des jahrelangen Anbaus von Weizen als Monokultur, haben in Amerika die großen Ebenen in eine ›Dust Bowl‹ verwandelt. Die Wirtschaftskrise wird duch die Naturkatastrophe verschärft. Unzählige Farmer*innen verlieren ihr Land und reihen sich ein in den Treck gen Westen, um in Kalifornien als Erntehelfer*innen zu überleben. Die größte inneramerikanische Migrationsbewegung der Geschichte hat eingesetzt. Die Kalifornier*innen fühlen sich vom endlosen Strom der Arbeitsuchenden bedroht, es kommt zu Übergriffen, sie werden in eilig eingerichteten Lagern festgesetzt. Ihre Lage wird immer hoffnungsloser. Steinbecks Roman »Früchte des Zorns« begleitet die Joads bei ihrem verzweifelten Kampf gegen die Ausweglosigkeit und den Zerfall ihrer Familie.
Pressestimmen
Ein Stück, das an die Nerven geht »Das Publikum ist gefordert, auch weil die Inszenierung die eigenen Bilder von Flüchtlingscamps, Polizeigewalt und Elend im Kopf aktiviert ... Mehler erzählt die einzelnen Schicksale, Träume und Hoffnungen der Familienmitglieder in kleinen Szenen, die den einzelnen Schauspielern den Raum geben, die Joads mit Emotionen zu füllen ... Immer wieder treten die bis zu acht Schauspieler gemeinsam ganz nach vorne an den Bühnenrand. Sie stehen dort Seite an Seite in ihren schwarzen Overalls und sprechen, flüstern und schreien achtstimmig. Einmal stehen sie dort und schweigen eine Weile, die sich lang anfühlt. Das Publikum schweigt leicht verstört mit, kein Mucks ist zu hören im Deutschen Theater Göttingen, bis das Ensemble die irritierende Stille bricht ... Das Publikum spendet dem Ensemble verdient stehenden Applaus.«
Britta Bielefeld, Göttinger Tageblatt online 6.11.22
Der Mensch ist dem Menschen ein Ausbeuter »Umjubelte Premiere von ›Früchte des Zorns‹ am Deutschen Theater Göttingen. Christoph Mehler inszeniert das Epos als bedrückendes Panorama der Ausbeutung und Resignation ... Regisseur Mehler und seine Ausstatterin Jenniver Hörr setzen auf Abstraktion. Auf leerer, lediglich effektvoll beleuchteter Bühne und mit schwarzen Overalls für alle Darsteller unterstreichen sie den Anspruch, eine universelle Geschichte von Flucht und Ausbeutung zu erzählen. Und sie würdigen die Romanvorlage, in dem sie dem epischen Ton angemessenen Raum geben. Viele erzählende Elemente, oft chorisch gesprochen, prägen den Abend ... Beeindruckende Parabel von Ausbeutung und Flucht … Die Premiere wurde bejubelt und mit Fußtrampeln gefeiert.«
Bettina Fraschke, HNA 7.11.2022
Bis an die Schmerzgrenze »Der Regisseur Christoph Mehler lehrt uns in seiner Inszenierung des Stückes ›Früchte des Zorns‹ eines der grundlegenden Wesenszüge des Theaters im Vergleich zu anderen visuellen Medien wie Fernsehen oder Streamingdiensten. Die Zuschauenden, oder hier besser gesagt die Zuhörenden, müssen das Dargebotene aushalten. Man kann nicht einfach den Ton leiser drehen, damit es angenehmer wird. Damit wird dieser Abend im Deutschen Theater Göttingen physisch anspruchsvoll, auf und jenseits der Bühne. Aber, gerade diese Intensität lässt uns die Angst, die Verzweiflung, den Druck der Familie Joad spüren, die auf mehreren Ebenen einen Überlebenskampf ausgesetzt ist und immer wieder an die Grenzen der Hoffnungslosigkeit stoßen ... Und hallt in beeindruckender Weise noch lange nach ... Dabei helfen das reduzierte Bühnenbild und die neutralen Kostüme, Jennifer Hörr, dem Zuschauenden sich auf die Essenz des Gesagten zu konzentrieren, während das ausgezeichnete Sounddesign, David Rimsky-Korsakow, ganz subtil durch den Abend begleitet und eine zeitliche Einordnung der Geschehnisse unterstützt. Am Ende gebührt aber vor allem allen acht Schauspielenden auf der Bühne sehr viel Hochachtung diese Form des Theaters so emotional auszuleben und uns ein Theaterabend so intensiv erleben zu lassen.«
Ingrid Rosine Floerke, Scharfer Blick/Kritikerclub 5.11.2022