31.08.2024

Offener Brief von Ensemble und Belegschaft

Liebe Bürger*innen der Stadt Göttingen, der Region und darüber hinaus,

am 23.08.2024 erreichte uns die Nachricht, dass Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) die geplante Sanierung des Deutschen Theaters gestoppt hat.

Über Nacht wird ein Plan verworfen, der jahrelang im Dialog zwischen Theater, Stadt und Expert*innen vorbereitet und ausgearbeitet wurde. Wie schnell und leichtfertig dieser Plan nun vom Tisch ist, schockiert uns und zwingt uns, Stellung zu beziehen.

Wir sind überzeugt: Diese Sanierung ist unverzichtbar. Es geht nicht um eine Schönheitskur, sondern um das Überleben unseres Hauses. Schon jetzt ist ein sicheres und geregeltes Arbeiten nicht mehr möglich: Die Infrastruktur von Licht-, Ton- und Bühnentechnik ist veraltet. Es fehlt an angemessenen Büroräumen, insbesondere für die Theaterpädagogik. Abteilungen werden auseinandergerissen, weil der Platz fehlt und einige Bereiche aufgrund von maroder Bausubstanz nicht mehr nutzbar sind. Hier helfen keine Einzelmaßnahmen.

Der Verfall dieses 134-jährigen, historischen Gebäudes schreitet immer weiter voran und muss jetzt in Angriff genommen werden. Eine verschobene Sanierung ist nicht die günstigere Sanierung – sie wird teurer, aufwendiger und am Ende vielleicht sogar unmöglich.

Die abrupte Entscheidung der Oberbürgermeisterin und der Stadtverwaltung kündigt eine gefährliche Entwicklung an: Das Haushaltsloch der Stadt wird nicht nur das Deutsche Theater treffen, sondern alle kulturellen und sozialen Einrichtungen Göttingens. Kürzungen stehen unmittelbar bevor, und auf einmal werden Institutionen miteinander verglichen und gegeneinander ausgespielt.

Wir wollen nicht zu Spielfiguren dieses politischen Wettkampfs werden. Wir sollten uns nicht vereinzeln lassen in dieser Debatte, denn wir alle, ob Kultur, Sport oder Bildung, sind wichtiger Teil dieser Stadtgesellschaft und voneinander abhängig.

Durch die gewissenhaft geplante Sanierung kann ein Denkraum, ein Ort der Begegnung und des Austauschs auch für zukünftige Generationen bewahrt werden.

Wir sehen uns verpflichtet, an unserem Beispiel sichtbar zu machen, dass ein Abbau auf gesamter kultureller und sozialer Ebene begonnen hat, der das Leben in Göttingen und der Region nachhaltig verändern wird.

Die Schauspielerinnen und Schauspieler des Deutschen Theaters
Gabriel von Berlepsch, Gaby Dey, Bastian Dulisch, Florian Eppinger, Lou von Gündell, Rebecca Klingenberg, Stella Maria Köb, Nikolaus Kühn, Roman Majewski, Marco Matthes, Daniel Mühe, Volker Muthmann, Lara Marina Poltmann, Moritz Schulze, Marie Seiser, Judith Strößenreuter, Andrea Strube, Ronny Thalmeyer, Nathalie Thiede, Paul Trempnau, Christoph Türkay, Gaia Vogel, Jenny Weichert, Tara Helena Weiß, Leonard Wilhelm, Charlotte Wollrad, Gerd Zinck
Und der Betriebsrat mit den Abteilungen des Deutschen Theaters