Die Bühnenbildnerin Marlene Pieroth und ihr Team haben hervorragende Arbeit geleistet: Die Bühne ist zum Swimmingpool geworden. Dieser könnte die Fülle eines Lebens zeigen, aber auch, wie schnell diese vergeht, wenn Fliesen anfangen zu zerfallen oder jemand den Stöpsel zieht. Auf eindrucksvolle, akrobatische, mitreißende Weise zeigen Leonce (Roman Majewski) und Diener Valerio (Gabriel von Berlepsch), wie unbefriedigend ein Leben im Goldfischglas sein kann. Müßiggang ist aller Laster Anfang. So ist man neidisch auf Menschen, die Ziele verfolgen sowie Aufgaben haben und möchte Narrheit gegen die Vernunft eintauschen. Geld und Macht machen anscheinend nicht glücklich. Man entschließt sich, einer drohenden Verheiratung zu entgehen, dem Schicksal eine Chance zu geben und flieht aus dem goldenen Käfig. Dem Schicksal entfliehen auch Lena (Tara Helena Weiß) sowie ihre Gouvernante (Nathalie Thiede), denn die Prinzessin aus dem Königreich Pipi soll verheiratet werden. Ihr ›Fluchtziel‹ besprechen sie interaktiv mit dem Publikum, welches sich bereitwillig, wie bereits in einer Befragungsrunde bei der Begrüßung, wieder mit in das Stück einbeziehen lässt. Auf diesem Wege lernen die Besucher*innen sogar, wer die heilige Odilia war.
Leonce und Lena verlieben sich in Italien, ohne von der Geschichte des jeweils anderen Menschen zu wissen. Sie genießen unbefangen die Natur und das Leben. Zurück im Königreich Popo werden beide als Automaten, mit Smartphone-Installationen vor den Gesichtern, vom König verheiratet. Gerd Zinck verkörpert diese unsicher wirkende, auf ihren Berater angewiesene Führungsperson in angemessener, teils mitleiderregender Weise, denn mit übergroßer Krawatte und in Feinripp-Unterwäsche macht er einen fast lächerlichen Eindruck, wirkt nicht wirklich autoritär, obwohl er doch für seine Untertanen denken muss – denn sie denken nicht. Das königliche Wort ist ein Ding, mehr nicht. Erst nach der Vermählung zeigen die Eheleute ihre wahren Gesichter. Das Schicksal hat Leonce und Leon füreinander geschaffen. Der Zufall besiegelte das Glück.
Dieses kurzweilige Theaterstück, welches unter der Regie von Tanju Girişken inszeniert wurde, zieht die Zuschauenden in ihren Bann. Manche*r sieht sich wieder und erkennt möglicherweise, dass im Leben Mut und Aufbruch ein schönes Ende haben können.
Marlene Pieroth, welche für Bühne und Kostüme verantwortlich war, hat den Handlungen einen lebhaften, kreativen, unterstreichenden Rahmen gegeben und innovative Kostüme einbezogen, welche die teilweisen Doppelrollen der Darsteller*innen sehr gerecht werden, sowie das Stück lebendig machen.
Auch die musikalische Leitung, Hans Könnecke, hat großartige Arbeit geleistet, und man hat Lust auf einen zweiten Besuch dieser Aufführung. Die Gesangs- und Tanzeinlagen, mal laut mit viel Bass, mit viel Körpereinsatz der Protagonist*innen, aber auch ruhig, melancholisch und bewegend, zeigen dem Publikum: »Die Welt ist abscheulich, aber schön!« Der Funke ist ist auf die Gäste übergesprungen, welche sich mit anhaltenden Premierenapplaus und Standing Ovation für die gelungene Aufführung bedankten.