Es ist schon manches Mal beängstigend, wenn man sich einen Klassiker des Theaters anschaut und einem Bezüge zu den aktuellen Verhältnissen der Politik oder der Gesellschaft geradezu ins Gesicht springen. Die Inszenierung des altbekannten Kleist-Stücks »Der zerbrochene Krug« wird von Moritz Franz Beichl, wie ein Markenzeichen von ihm, auf sehr moderne Weise umgesetzt und hilft dabei, Erkenntnisse zu gewinnen und die Bezüge zur Gegenwart herzustellen. Dank der farbenprächtigen, die verschiedenen Epochen überbrückenden Kostüme (Elena Kreuzberger) sowie ein auf das Wesentliche reduzierte Bühnenbild können die Zuschauenden sich gut auf die klaren (entlarvenden) Dialoge konzentrieren und auf die kurzweilige Aufführung einlassen.
Aufgrund der überspitzten Darbietung der Dialoge wird der Kern der Geschichte mit ihren Interpretationen vielleicht sogar noch deutlicher, als es einst von Kleist beabsichtigt war. Aktuelle Bezüge zur Perfektionierung der dreisten Lüge und der Manipulation der Wahrheit durch die Macht innehabenden Personen, wie wir es von Donald Trump kennen, über die Ähnlichkeit von Gerichtsälen als Bühne des Lebens, wo die Person gewinnt, die sich am besten verkaufen kann, bis hin zum Thema Frauenrechte. Alles leider im 21. Jahrhundert immer noch viel zu vertraut.
Volker Muthmann beherrscht mit seiner Präsenz die Bühne, trotz oder gerade weil sein Kostüm am aberwitzigsten wirkt. Aber auf Augenhöhe ist ihm dabei vor allem das Jungtalent Stella Maria Köb, die sich mit ihrer wandelnden Performance von der zurückhaltenden, verängstigten Tochter zur selbstbewussten, dem Richter die Stirn bietenden, allentscheidenden Zeugin verwandelt. Sehr eindrucksvoll!