Die Geschichte beginnt in Rochdale, »fucking Rochdale«, einer kleinen Stadt in der Nähe von Manchester. Was die Jugendlichen Don, Karen, Hannah und Peter verbindet, ist ihr Außenseiter*innentum sowie der Verlust ihres sozialen Umfelds. Auf Umwegen finden sie zusammen und werden zu Freund*innen und Kompliz*innen in einer Welt, in der Gewalt, Sucht, Drogen, Missbrauch und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind. Aus dieser Welt reißen sie aus und besetzen gemeinsam eine verlassene Lagerhalle in London. Sie landen in einer immer extremer werdende digitale Überwachungsdiktatur, die die Menschen und ihr Handeln kontrolliert. Der Brexit sowie die Einführung eines Grundeinkommens haben die klassischen Strukturen nur verschärft. Denn das Geld bekommen nur diejenigen, die sich einen Chip einpflanzen lassen und damit transparent für die rechtspopulistische Regierung werden. Das neue System bringt die Menschen nicht nur dazu, vermeintlich Gutes zu tun, sondern auch, sich für finanzielle Boni gegenseitig zu verraten. Welche Perspektive hält eine solche Welt für junge Menschen bereit? In ihrer Lagerhalle fliegen die vier unter dem Radar. Doch die Wut und das Bedürfnis nach Rache an der Generation, die sie mit diesen Verhältnissen allein gelassen hat, wachsen zunehmend. In einer benachbarten Lagerhalle treffen Don, Karen, Hannah und Peter auf eine Gruppe jugendlicher Hacker*innen. Gemeinsam versuchen sie, vom Rand der Gesellschaft gegen das System Widerstand zu leisten und sich die Perspektive auf eine lebenswerte Zukunft und Träume zu erkämpfen.
Was den Roman von Sibylle Berg so schmerzhaft macht, ist, dass er ein vermeintlich dystopisches Szenario beschreibt, das aber von unserer Gegenwart nicht weit entfernt, sondern erschreckend realistisch ist. Berg rechnet zynisch ab und zeigt auf, wohin uns soziale Ungleichheit, Neoliberalismus und klassistische Strukturen führen können – in eine Welt der Verwahrlosung, Abgehängtheit und systematischen Unterdrückung. Was hinterlassen wir den nachfolgenden Generationen? Und wie schlagen diese zurück?
© Thomas Aurin
Pressestimmen
ADHS ist keine Krankheit, die Alten sind bloß zu langsam »Unter den Zuschauenden finden sich an diesem Abend ungewöhnlich viele junge Menschen. Vielleicht spiegelt das Gezeigte auch zum Teil das Lebensgefühl einer Generation wider ... Das Publikum wird in Niklas Ritters Inszenierung hineingezogen … Der Überlebenskampf der Jugendlichen wird durch das Kostümbild, für das Ines Burisch zuständig war, kraftvoll unterstrichen. Auch die Kulisse besticht. Kerstin Narr und Norman Plathe-Narr zeichnen mithilfe eines riesigen Stahlkolosses das Bild einer kalten, verlassenen Industrielandschaft … Keine einfache Aufgabe, diesen Text, laut Ritter eher »wie eine Zwiebel und ohne Kern«, in ein Stück für die Bühne zu verwandeln. In der DT-Version ist dies gelungen.«
Clara Hörschler, Göttinger Tageblatt 11.12.2023
Mit Kampfbemalung gegen die Welt »Schonungslos bringt Regisseur Niklas Ritter die Szenen auf die Bühne – gelungen und grässlich schockierend … Krass ist, wie erschreckend nüchtern die Darsteller*innen (Bastian Dulisch, Rebecca Klingenberg, Marco Matthes, Anna Paula Muth, Paul Trempnau und Jenny Weichert) Gewalt und Nähe darstellen … Die Besucher zeigten sich nach zweieinhalb Stunden mit Applaus, Bravos und Trampeln begeistert.«
Ute Lawrenz, HNA 11.12.2023
Krieger im System »Regisseur Niklas Ritter lässt das Stück in Göttingen in einem reduzierten Bühnenbild spielen … Die Truppe überzeugt mit einer starken schauspielerischen Leistung, die Hoffnungslosigkeit und resignativen Zynismus der vom System ausgestoßenen jungen Menschen (Rebecca Klingenberg und Jenny Weichert schwankend zwischen Wut und Verzweiflung) genauso fasst wie die Abgebrühtheit der Profiteure unmenschlicher Prozesse (toll als wechselnde Antagonisten: Marco Matthes) ... ›GRM. Brainfuck‹ spricht wichtige Themen an, die in Göttingen an diesem Abend von einem tollen Ensemble auf die Bühne gebracht werden.«
Simon Gottwald, nachtkritik.de 10.12.2023
Keine Hoffnung »Das Ensemble (Bastian Dulisch, Rebecca Klingenberg, Marco Matthes, Anna Paula Muth, Paul Trempnau, Jenny Weichert) nimmt in wechselnden Rollen die Erzähler*innenposition ein. Trotz oder gerade wegen der teilweise schnellen Wechsel hängen die Zuschauer*innen förmlich an den Lippen der Darsteller*innen. Die Erzählungen sind aufeinander abgestimmt, das Ensemble harmoniert und ergänzt sich ... Effektvoll ist auch das Bühnenbild (Kerstin Narr und Norman Plathe-Narr) der ersten Hälfte des Stücks.«
Ronja Kirschke, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 15.1.2024
Summa cum laude »Diese tolle Truppe in Neon-Edelpunk-Outfits rissen uns von Anfang an in ihren Bann und feuerten ihre krassen Texte voller Hass wie Maschinengewehrsalven auf uns ab. Es dauerte nicht lange und ich empfand eine tiefe Liebe für diese Schauspieler*innen, die alles gaben und so viel Text gelernt haben, dass mir schon bei dem Gedanken daran der Kopf platzt ... Was für uns ein klarer Fall von Standing Ovations war, wird nun leider wahrscheinlich schon sehr bald wieder von der Bühne des Deutschen Theater Göttingen verschwinden. Wahrscheinlich ist es für viele regelmäßige DT-Zuschauer*innen, die sich nicht so gerne den Appetit auf leichte Unterhaltung verderben lassen wollen, wohl zu schwere Kost. Allen anderen empfehlen wir sehr, ganz schnell zum Deutschen Theater Göttingen zu rennen und sich eine Theaterkarte zu kaufen oder, als Studierende, Euer fantastisches Kulturticket zu nutzen! Zwei Chancen habt Ihr noch, und wenn’s voll wird, gibt es ja vielleicht noch weitere Vorstellungen von »GRM. Brainfuck«. Wir hoffen es sehr!« ★ ★ ★ ★ ★
Vanessa Pegel, vonwegenverlag.de 14.2.2024