Der Schimmelreiter

Theodor Storm
dt.2
Premiere 23. September 2021
Dauer 110 Minuten
Zum Autor Theodor Storm
Theodor Storm 1817 in Husum, »der grauen Stadt am Meer«, geboren, verbrachte einen Großteil seines Lebens an der Nordseeküste. Der erfolgreiche Schriftsteller, der mit 15 Jahren seine ersten Gedichte schrieb, machte aber auch als Jurist Karriere. Als er aus politischen Gründen 1852 seine Anwaltskanzlei in Husum aufgeben musste, ging er zunächst als Gerichtsassessor nach Potsdam und wurde dann 1856 Richter am Kreisgericht Heiligenstadt in Thüringen. Das Amt des Landvogts, in das die Bevölkerung Husums den mittlerweile berühmten Autor 1864 berief, übte er bis 1880 aus. Bis zu seinem Tod 1888 entstanden zahlreiche Erzählungen.
Das Meer ist immer präsent in Theodor Storms 1888 vollendeten Novelle »Der Schimmelreiter«. Eine ebenso faszinierende wie bedrohliche Naturgewalt, die das Leben der Küstenbewohner*innen bestimmt. Mit dem Deich hat der Mensch das Meer in seine Schranken gewiesen. Der Deich schützt nicht nur vor Sturmfluten, er sichert auch das Land, das der Mensch mühsam dem Ozean abgerungen hat. Alles hängt davon ab, dass der Deich hält. Aber der Deich ist ein fragiles Gebilde, ständig bedroht durch Wind und Wellen, durch Tiere, die ihn aushöhlen. Und so ist das Amt des Deichgrafen, der über seinen Zustand wacht, nicht nur mit enormer Verantwortung, sondern auch mit hohem Sozialprestige verbunden. Der junge, technikaffine Hauke Haien sieht seine Chance und ist entschlossen, sie zu nutzen. Er revolutioniert den Deichbau, schafft neues Ackerland und tatsächlich den Aufstieg zum Deichgrafen. Fast manisch reitet er mit seinem Schimmel den neuen Deich ab, getrieben von der Furcht, Schwachstellen zu entdecken. Doch der Deich hält allen Sturmfluten stand. Haiens Schicksal aber entscheidet sich am alten Deich, über dem sich Unheil zusammenbraut. Storm erzählt in »Der Schimmelreiter«, wie der Mensch auf dem Weg in die Moderne den Respekt vor der Natur verliert, wie aus Gewinnstreben Erfahrung ignoriert wird, und er zeichnet in der Titelfigur einen Menschen, der vom Ehrgeiz getrieben, alles riskiert, um sein Lebenswerk zu retten.
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Pressestimmen

Von Hybris, Macht, Hingabe, Natur »Stille gibt es kaum in Foersters Inszenierung. Die knapp 80 Seiten Text dringen an die Ohren, die Wechsel der Rollen und Situationen greifen ineinander, Schweiß fließt. Die einzige vermeintliche Ruhe liegt im Bühnenbild. Doch die überschätzte Ruhe des Meers wird dem Protagonisten zum Verhängnis – so wie den Menschen heute, die angesichts Klimakatastrophen klein und hilflos erscheinen. Die Spieler, mal als Sprecher direkt, dann wieder auf der Metaebene mit vielen Worten und vollem Körpereinsatz, erzählen Storms alte Geschichte – und lösen damit die Frage nach der Zukunft aus.«
Lea Lang, Göttinger Tageblatt 24.9.2021

Ein Dammbruch »Die Inszenierung von Daniel Foerster … begeistert vor allem durch ihre Aktualität … Die Kostüme, die die Arbeit am Deich stilistisch in die Nähe eines Berliner Szeneclubs rücken, ermöglichen es auch einem modernen Publikum, sich vollständig auf die Inszenierung einzulassen … Der geschickte Wechsel zwischen Laut und Leise, das Spiel mit Hell und Dunkel und die häufig stattfindenden Rollenwechsel lassen die Spannung nie abebben. Die atemberaubende schauspielerische Leistung der Darstellenden, besonders von Lukas Beeler, lässt die Distanz zwischen Bühne und Publikum verschwimmen. Gerade durch die Aktualität und durch Beelers mitreißendes Spiel identifiziert man sich mit dem Protagonisten Hauke und seinem verzweifelten Kampf gegen die egoistischen Partikularinteressen des Volkes, dem seine eigene Kurzsichtigkeit im Wege steht.«
Friederike Ammann und Lydia Förster, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 13.10.2021

Am Ende gewinnt keiner? »Das erste Wort nach der zweistündigen Premiere des Schimmelreiters, das mir einfiel, war ›gewaltig!‹. Es ist nicht nur beeindruckend wie Daniel Foerster (Regie), Mariam Haas (Bühne und Kostüme) und das 5köpfige Ensemble auf der relativ kleinen Bühne des dt.2 immer wieder wechselnde Bilder und großartige Räumlichkeiten erzeugt, sondern vor allem wie es gelingt, das Publikum im Verlauf des Stückes die Naturgewalt des Meeres und den Kampf der Menschen mit diesem förmlich physisch spüren lässt … Mit viel Liebe zum Detail, Witz und Anspielungen wird diese moderne Inszenierung zu einer offenen Einladung, sich mit der Novelle von Theodor Storm neu zu beschäftigen und dabei mit aktuellen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen abzugleichen, wie zum Beispiel die Klimapolitik während der anstehenden Bundestagswahl.«
Ingrid Rosine Floerke, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 24.9.2021

Abgefahren, Gänsehaut! »Gerade die oftmals sehr schweißtreibende Darbietung wird von den Schauspieler*innen enthusiastisch und voller Energie nicht nur aufgeführt, sondern nahezu gelebt … Mit dem Sturm am Ende und der dramatischen Einsicht, dass der Mensch die Umwelt nicht bezwingen sollte und egal welches Jahrhundert wir nicht in alten Denkmustern verharren sollten, verlässt man den Abend nachdenklich mit Gänsehaut.«
Lena Sofia Schraml, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 23.9.2021

»Der Schimmelreiter« prescht voran »Begeisterten Applaus spendete das Publikum nach knapp zwei Stunden im ausverkauften dt.2 für die Bühnenfassung von Regisseur Daniel Foerster und Dramaturgin Mona Rieken … Eine große Leistung der Darsteller ist es, mit wenigen Handgriffen auf der Bühne in eine neue Rolle zu schlüpfen. Nur Lukas Beeler spielt allein Hauke. Gerd Zinck glänzt als Manners und sorgt im Quartett der vielen Nebenrollen in den Dorfszenen für Verstärkung.«
Ute Lawrenz, HNA 27.9.2021

Aufwühlend und berührend! »Zum Glück gibt es das Theater – denn das schafft es, die Novelle aus dem 19. Jahrhundert nachvollziehbar ins Hier und Jetzt zu übertragen … Im Laufe des Stücks wird die ganze Klaviatur des Küstenklimas bespielt – vom entspannten Sonnentag bis zum tosenden Sturm. Die Bühnentechnik wurde hier exzellent eingesetzt … Die Schauspieler*innen leisten beeindruckende Arbeit! Schon zu Beginn nehmen sie uns mit nach draußen an den Deich, indem sie Tierstimmen von Schafen, Kühen und Vögeln erstaunlich naturgetreu nachahmen. So beginnt das Schauspiel intensiv und verliert auch im Weiteren nicht an Ausdruckskraft. Die das Storm`sche Stück prägenden Momente von Zorn, Angst und Leid werden durch die schauspielerisch überzeugenden Schreie und das Weinen der Darsteller*innen derart schonungslos und energiegeladen umgesetzt, dass man sich dem bedrückenden Schauder trotz der Distanz zur Bühne einfach nicht entziehen kann. Aufwühlend und berührend!«
Wencke Lisa Boos, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 28.9.2021

Theater am Puls der Zeit »Auf den Punkt gebracht: Foersters und Riekens ›Schimmelreiter‹ ist Theater am Puls der Zeit: sehr kurzweilig, mal laut und heftig, immer intensiv und dennoch stets ohne den Originaltext und die Besonderheiten des Theaters als Medium aus den Augen zu verlieren. Dass dieses Konzept aufgeht, liegt nicht zuletzt an den durchweg starken Schauspieler*innen. Scheinbar mühelos wechseln sie zum Teil zwischen bis zu vier Rollen. Alle haben ihre besonderen Glanzmomente, wie etwa Gabriel von Berlepsch als animierender Ole Peters, Gerd Zinck als zeternde Trien Jans oder Nathalie Thiede als geschickt die Fäden ziehende Elke Volkerts. Einer der berührendsten Momente im Stück ist die nahezu magische Begegnung zwischen dem sonst eher nüchternen und verbissenen Hauke Haien (Lukas Beeler) und seinem Schimmel (Bettina Grahs).«
Maren Wöbbeking, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 30.9.2021

Eine überzeugende Leistung des gesamten Teams »Was kann man aus diesem Abend über die immer noch vorhandene Aktualität des Stoffs hinaus mitnehmen? Vor allem eine überzeugende Leistung des gesamten Teams – sowohl auf als auch neben der Bühne. Alles Weitere obliegt der Interpretation der Zuschauenden.«
Moritz Griesel, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 5.10.2021

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