Ins Netz gegangen 26.4.2025
Mephisto
von Klaus Mann
Bühnenfassung von Bastian Kraft
Hendrik Höfgen Gabriel von Berlepsch / Sebastian Bruckner Moritz Schulze / Barbara Bruckner Rebecca Klingenberg / Nicoletta von Niebuhr Nathalie Thiede / Otto Ulrichs Daniel Mühe / Hans Miklas Stella Maria Köb / Dora Martin, Lotte Lindenthal Tara Helena Weiß / Julien, der Ministerpräsident Marco Matthes / Oskar H. Kroge, Theophil Marder, der Professor Florian Eppinger / Cäsar von Muck, Böck Andrea Strube / Live-Musiker Michael Frei, Johannes Frei
Regie Erich Sidler / Bühne Jörg Kiefel / Kostüme Renée Listerdal / Musik Michael Frei, Johannes Frei / Choreografie Michael Tucker / Dramaturgie Theresa Leopold / Regieassistenz Lillian Sophie Jöster / Soufflage Gerald Liebenow / Inspizienz Bénédicte Gourrin
Technische Leitung Marcus Weide / Produktions- und Werkstattleitung Lisa Hartling / Assistent der Technischen Leitung Henryk Streege / Technische Einrichtung Marco Wendt / Beleuchtung Markus Piccio / Tontechnik Julian Wedekind (Leitung), Mathis Albrecht, Frank Polomsky (Einrichtung) / Requisite Sabine Jahn (Leitung) / Daniela Niehaus (Einrichtung) / Maske Frauke Schrader (Leitung), Renée Donnerstag, Charlen Middendorf-Tinney, Michelle Piehler (Einrichtung) / Kostümausführung Ilka Kops (Leitung), Heidi Hampe, Stefanie Scholz / Malsaal Eike Hansen / Schlosserei Robin Senger / Dekoration Regina Nause, Axel Ristau / Tischlerei Maren Blunk
Aufführungsdauer ca. 2 Stunden, 35 Minuten, eine Pause
Aufführungsrechte Rowohlt Theater Verlag, Hamburg
Probenfotos Georges Pauly
Bild- und Tonaufnahmen sind während der Vorstellung nicht gestattet.
Die wichtigsten Stationen im Leben des Klaus Mann im Überblick
– Geboren am 18. November 1906, ein Jahr nach seiner Schwester Erika
– Der erste Weltkrieg ging auch an der Familie Mann nicht spurlos vorbei. Die Kinder nahmen jedoch hauptsächlich wahr, dass sie auf Nachtisch und Fleisch verzichten mussten, sowie sich daran gewöhnen mussten ohne Schuhe zu gehen, da diese rar geworden waren. Ansonsten ging es der Familie verhältnismäßig gut
– 1919 gründeten Klaus, Erika, Ricki Hallgarten, Sohn einer hochgelehrten jüdischen Familie, und Gretel und Lotte Walter, Töchter des Dirigenten Bruno Walter, den »Laienbund Deutscher Mimiker«. Mit großer Leidenschaft führten die Kinder in ihrem Laienbund Theaterstücke vor den versammelten Eltern auf
– 1923 lernte Klaus im Haus seines Onkels eine junge Dame namens Pamela Wedekind kennen. Sie war die Tochter des 1918 verstorbenen Schriftstellers Frank Wedekind. Im Juni 1924 verlobten sich Pamela und Klaus.
– 1924 schrieb er das Bühnenstück »Anja und Esther«, welches erfolgreich uraufgeführt wurde. In den Hauptrollen sah man Klaus und Erika Mann, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens, Erikas Ehemann.
– Im Alter von 25 Jahren, 1932, schrieb er seine Autobiographie »Kind dieser Zeit«. Im selben Jahr starb sein Freund Ricki Hallgarten. Aus Trauer um den Freund begann Klaus Mann Drogen zu konsumieren.
– 1933 gründeten Klaus und Erika, gemeinsam mit Freunden, das politische Kabarett »Die Pfeffermühle« in München. Vor allem Erika Mann schrieb hierfür die Texte und trat als Darstellerin auf, meist in einem weißen Clownskostüm.
– Klaus ging am 13. März 1933 ins Exil nach Paris.
– Im Mai 1933 erschien der Name Klaus Mann auf der sogenannten »schwarzen Liste«.
– 1936 entstand sein bekanntester Roman: »Mephisto«. Die Geschichte des Hendrik Höfgen aus dem Roman weist frappierende Ähnlichkeit zu der Biographie des alten Freundes und neuen Feindes Gustaf Gründgens auf. Klaus Mann bestätigte jedoch wiederholt »hier halte es nicht um ein Porträt, sondern um einen symbolischen Typus.«
– 1949 starb Klaus Mann an einer Überdosis Schlaftabletten. (Gustaf Gründgens an demselben 1963.)
Der Fall »Mephisto«
Die postume Auseinandersetzung zwischen Klaus Mann und Gründgens wurde ein »Duell der Toten« genannt. Klaus Mann nahm sich, 43 Jahre alt, 1949 in Cannes mit Schlaftabletten das Leben. Gustaf Gründgens war 64, als er 1963 in Manila an einer Überdosis Schlaftabletten starb. Es ist außerdem ein Duell zwischen Geschichte und Legende. Die Legende scheint insgesamt die Stärkere zu sein.
Die Frage, ob mit Hendrik Höfgen, dessen negatives Charakterporträt der Roman »Mephisto« zeichnet, Gründgens gemeint sei, hat Klaus Mann selber widersprüchlich beantwortet. Als gleich 1936 die Emigrantenzeitung Pariser Tageblatt den Roman in Fortsetzungen druckte und als »Schlüsselroman« vorstellte, schickte ihr Klaus Mann einen Brief, in dem er sich gegen diese Bezeichnung verwahrte: Schlüsselromane seien unter der Würde eines seriösen Autors. »Mir lag nicht daran, die Geschichte eines bestimmten Menschen zu erzählen … Mir lag daran, einen Typus darzustellen und mit ihm die verschiedenen Milieus (mein Roman spielt keineswegs nur im ‚braunen‘), die soziologischen und geistigen Voraussetzungen, die solchen Aufstieg erst möglich machten.«
In der amerikanischen Originalausgabe seiner Autobiographie »Der Wendepunkt« (L.B. Fischer, 1942) liest es sich dann ganz anders: »Ich sehe (Gründgens) als den Verräter par excellence, die makabre Verkörperung von Korruption und Zynismus. Sein schändlicher Ruhm faszinierte mich so stark, daß ich beschloß, Mephisto-Gründgens in einem satirischen Roman zu porträtieren.« Die Stelle fehlt in der britischen Ausgabe dieses Buches (Gollancz, 1944).
Die spätere deutsche Ausgabe des Wendepunkts (S. Fischer, 1952) ist mehrdeutig. »Es geht in diesem zeitkritischen Versuch überhaupt nicht um den Einzelfall, sondern um den Typ: Als Exempel hätte mir genausogut ein anderer dienen können. Meine Wahl fiel auf Gründgens – nicht, weil ich ihn für besonders schlimm gehalten hätte …, sondern einfach, weil ich ihn zufällig besonders genau kannte …«
[…] Gründgens sah sich zu Recht von einem Buch verleumdet, das ihn unter dem Namen Höfgen als den personifizierten Bösen, eben Mephisto, auftreten ließ, der nur die Karriere im Sinn hat und die Verfolgten schnöde im Stich läßt. So lag sein Fall nicht ganz. Seiner war viel heikler und interessanter. Er hatte dem NS-Staat möglich gemacht, sich mit seinem Namen zu dekorieren, und ihm damit zu etwas mehr Reputierlichkeit verholfen. Er spielte den Mördern auf und trug das Seine dazu bei, sie harmloser und biedermännischer erscheinen zu lassen. Vielleicht hatte er seinen Posten nicht gerade angenommen, um Verfolgten zu helfen, aber er nahm an und half, unter erheblichem eigenen Risiko. Ohne ihn wäre manches schlimmer gekommen. Er war der Kollaborateur nicht aus Moral, aber mit Moral.
[…] »Mephisto« erschien nach dem Tod Klaus Manns 1949 in Ostberlin. Nach Auskunft von Klaus Manns westdeutschem Verleger Berthold Spangenberg drohte Gründgens vier oder fünf westdeutschen Verlagen, die eine Veröffentlichung planten, mit gerichtlichen Schritten. »Mephisto« erschien nicht, Gründgens klagte nicht.
Kurz nach Gründgens‘ Tod kündigte Spangenberg die Publikation an. Darauf erhob Gründgens‘ letzter Lebensgefährte, sein Adoptivsohn und Alleinerbe, der Regisseur Peter Gorski, Klage: »Mephisto« zeichne ein verfälschtes, grob ehrverletzendes Bild von Gründgens. Das Landgericht Hamburg wies die Klage 1965 ab. Daraufhin erschien »Mephisto« in der damals Spangenberg gehörenden Nymphenburger Verlagshandlung in einer Auflage von 10.000 Exemplaren. Sie trugen den Hinweis, die Personen seien Typen, nicht Porträts.
Gorski legte vor dem Hamburger Oberlandesgericht Berufung ein. Diese Instanz folgte seinem Antrag. Seit dem 23. November 1965 ist »Mephisto« verboten.
Spangenberg gab sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und trug den Fall vor den Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht. Beide bestätigten sie den Verbotsspruch – der Bundesgerichtshof 1968, das Bundesverfassungsgericht 1971. 1981 wurde der Roman dennoch vom Rowohlt Verlag veröffentlicht.
[Auszüge aus: Dieter E. Zimmer: DIE ZEIT/Feuilleton, Nr.5, 23.Januar 1981, S.33-34]
Die realen Vorbilder der Figuren
Hendrik Höfgen Gustaf Gründgens, Schauspieler, Regisseur und Intendant; erlangte besondere Bekanntheit durch seine Darstellung des Mephistopheles in Goethes »Faust«; In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er vom preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring gefördert und protegiert. Von 1934 bis 1944[2] war Gründgens Intendant des Berliner Schauspielhauses, ab 1937 unter dem Ehrentitel Generalintendant der Preußischen Staatstheater; Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er seine Karriere fort, war von 1947 bis 1951 Generalintendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf, dann bis 1955 erster Geschäftsführer des Neuen Schauspiels Düsseldorf und anschließend bis 1963 Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg.
Sebastian Bruckner Klaus Mann, deutsch-amerikanischer Schriftsteller; ältester Sohn von Thomas Mann; Er gilt heute als einer der wichtigsten Repräsentanten der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1933
Barbara Bruckner Erika Mann, deutsche Schauspielerin, Kabarettistin, Schriftstellerin und Lektorin; Sie gründete 1933 das politische Kabarett »Die Pfeffermühle« und arbeitete mit Vorträgen – als Schriftstellerin und Journalistin auch nach ihrer Emigration in die Vereinigten Staaten – gegen den Nationalsozialismus; Neben ihrer Tätigkeit als Nachlassverwalterin ihres Vaters Thomas sowie ihres Bruders Klaus Mann hat sie ein umfangreiches Werk aus politischen Essays, Reportagen, Reiseberichten und Kinderbüchern hinterlassen
Nicoletta von Niebuhr Pamela Wedekind, Tochter des Schriftstellers Frank Wedekind; Schauspielerin, Sängerin und Übersetzerin; war von 1930 bis 1934 mit dem 28 Jahre älteren Carl Sternheim verheiratet; möglicherweise auch Marianne Hoppe, Schauspielerin, die von 1936-46 mit Gustaf Gründgens verheiratet war
Otto Ulrichs Hans Otto, Schauspieler; wurde von den Nationalsozialisten 1933 aufgrund seiner kommunistischen Gesinnung ermordet
Hans Miklas Hans Sklenka, Schauspieler, Komponist und Kabarettist; trat u.a. mit Erika und Klaus in dem Kabarett »Die Pfeffermühle« auf
Dora Martin Elisabeth Bergner, jüdische Theater- und Filmschauspielerin; war in den 20igern eine der umjubelsten Schauspielerinnen in Berlin; nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten floh sie zunächst nach Wien, dann nach London; arbeitete weiterhin sehr erfolgreich als Schauspielerin und war für einen Oscar nominiert
Der Ministerpräsident Hermann Göring, deutscher nationalsozialistischer Politiker und Kriegsverbrecher; zuerst Reichsluftfahrtminister (ab 1933), dann Oberbefehlshaber der Luftwaffe (1935), dann übernahm er die Führung der deutschen Wirtschaft und des Reichswirtschaftsministeriums
Lotte Lindenthal Emmy Göring, deutsche Schauspielerin und zweite Ehefrau von Hermann Göring
Oskar H. Kroge Erich Ziegel, Schauspieler, Regisseur und Intendant; gründete 1911 die Münchner Kammerspiele, leitete diese bis 1916; gründete 1918 die Hamburger Kammerspiele, die er rasch zu einem der wichtigsten und bedeutendsten deutschsprachigen Theater der 1920er Jahre machte; Von 1926 bis 1928 leitete Ziegel zusätzlich das Deutsche Schauspielhaus und von 1932 bis 1934 das Hamburger Thalia Theater
Der Professor Max Reinhardt, Theater- und Filmregisseur, Intendant, Theaterproduzent und Theatergründer
Cäsar von Muck Hanns Johst, deutscher Schriftsteller, Dramatiker, nationalsozialistischer Kulturfunktionär und ab 1935 Präsident der Reichsschrifttumskammer
Theophil Marder Carl Sternheim, deutscher Dramatiker und Autor von Erzählungen und Gedichten; Seine Werke waren in der Zeit des Nationalsozialismus verboten