Theater einBLICK

28.12.2024

Kein enttäuschender Abend!

Andreas Arnemann hat für den hauseigenen Kritiker*innenclub des Deutschen Theater Göttingen, der »Scharfe Blick«, die Keller-Produktion »Showtime (ein enttäuschender Abend)« besucht.
Showtime (ein enttäuschender Abend)
Zum Stück

Entspannte Atmosphäre im dt-Keller. Das Publikum wartet bei leckeren Essen und guten Getränken auf den Beginn von »Showtime«. Dann die nüchterne Ankündigung eines plötzlich erscheinenden Schauspielers, dass aufgrund von Krankheit des Protagonisten des vorgesehenen Musicals umdisponiert wird und er, der Universalschauspieler David (Christoph Türkay), nun den Abend ausfüllen wird. Dummerweise ist der Bereich Musical nicht seine Stärke, auch steht er nicht gerne im Rampenlicht, aber er benötigt die Gage zum Leben, welche ihm erst nach 45 Minuten Bühnenzeit zusteht. Beginnt nun die Enttäuschung des Abends? Nachdem David, er kann alles spielen, den Gästen zwei klägliche Kostproben gegeben hat, beginnt er, erschreckend authentisch wirkend, seine eigene Geschichte zu erzählen und auf die Bühne zu bringen. Von der coolsten Kindergang, über die Jugend und das Erwachsenwerden, bis zum Alter von 20 Jahren besteht sein Leben aus Visionen und Highlights.

Dann beginnt der Ernst des Lebens, das Studium. Er wird in der Schauspielschule als zwielichtiger Betrügertyp deklariert. Beim Vorsprechen in einem großen Theater scheitert der Nachwuchskünstler. Er wird nun Einspringer und somit Lückenfüller. David will nun der beste Universalschauspieler sein und sämtliche Schauspieler*innen ersetzen, die plötzlich ausfallen. Wenn man der Beste ist und für andere der Letzte zu sein scheint, dann ist der Zusammenbruch vorprogrammiert. Doch wer ersetzt diesen einmaligen Menschen, wenn er ausfällt? Hat Superman einen Superman, der ihm hilft, oder wird ein Bodyguard von einem Bodyguard beschützt? Man sollte sich vielleicht kleine und erreichbare Ziele setzen? Enttäuscht vom Leben, aber nicht aufgebend steht dieser brillante Schauspieler, das Publikum ergriffen mitnehmend, auf der Bühne, bis er sein Ziel des Abends erreicht hat. Die Mindestzeit ist um, das Taxi wartet mit laufendem Taxameter vor der Tür und bring ihn nach Northeim, wo David erneut seine Rolle spielen wird. Vorher motiviert er das Publikum, auf die Bühne zu kommen, sich anzuschauen und wahrzunehmen. Der Universalschauspieler kommt mit den Gästen in direkten Kontakt und animiert zum Singen. Dann verschwindet der zwielichtige Betrügertyp aus der Menschenmenge und taucht nicht wieder auf. Die Gäste hätten dem Schauspieler gerne noch Applaus für diese Meisterleistung gezollt, er und auch Sarah Kurze (Regie und Bühnenbild), Ilka Kops (Kostüme), Michael Frei (Musik) sowie das gesamte Team haben Lob und Anerkennung für dieses gelungen umgesetzte Stück verdient, zeigten sich jedoch nicht mehr den Gästen.

Das Stück spiegelt das Leben mit Höhen und Tiefen. Unbefangene Kindheit, Visionen, Karriere und der plötzliche Zerfall von Träumen. Eine sehenswerte Vorstellung, bei der einige Zuschauer*innen möglicherweise Parallelen zum eigenen Leben sehen und zum Nachdenken animiert werden. Hat man genug Zeit im Leben, um alle Leben zu leben, die in einem stecken, besteht die Milchstraße aus gescheiterten Sternen, und gibt es eine strahlende Zukunft? Ein enttäuschender Abend ist das sicher nicht, bescheren doch die Vorstellung und das Miteinander der Gäste im dt-Keller eine lebendige, lebensfrohe Zeit und machen Lust auf Mehr vom Stern Christoph Türkay und Team.